Donnerstag, 1. Februar 2018

Es ist 5 nach 12

Guten Abend, meine Damen und Herren! Hier ist London, Big Ben hat soeben sieben Uhr geschlagen, bei Ihnen in Deutschland ist es acht Uhr.“
Etwa so hörte ich es in ganz jungen Jahren in Lindow (Mark), in der sowjetisch besetzten Zone, aus dem Radio über Berliner „Westsender“.

Ich war noch ein Kind und spürte dennoch das besondere Flair dieser Ansage, nicht zuletzt am Verhalten meiner Eltern, die verbotenerweise Westradio anstellten.
Etwas Geheimnisvolles kam aus diesem Lautsprecher, eine undefinierbare Sehnsucht nach Freiheit wurde mir suggeriert, ohne dass ich schon so genau etwas damit anzufangen wusste.

Jahrzehnte sind verflossen, und ich komme auf diese frühen Eindrücke zurück, da ich längst in westlicher Freiheit verwurzelt bin, das heißt, ich kenne sehr genau auch die Schattenseiten dieser gewaltig strapazierten Freiheit, die damals im Lautsprecher natürlich mit Propaganda gespickt war. Kindlich naiv, fiel mir das nicht auf. Die heute subtiler verpackte Medienpropaganda der westlichen Welt entgeht ähnlich den geradezu naiven Massen einer vorwiegend konsumierenden Gesellschaft, die einerseits zu fortdauerndem „Wachstum“ animiert wird, um andererseits mit geballten Ängsten und Verunsicherungen überflutet zu werden.
Wie oft heißt es, es sei fünf Minuten vor zwölf, um die Dringlichkeit und Alternativlosigkeit irgendeiner Politik zu unterstreichen, die angeblich allein den Weltuntergang zu verhindern weiß.
Ähnliche Szenarien eignen sich seit Menschengedenken zur Steuerung und Unterwerfung der Massen, letztlich begründet in deren allgemeiner Unkenntnis und in gezielter ideologischer Desinformation.

Nun, auch beim zuletzt vollzogenen Jahreswechsel fand kein Weltuntergang statt, die Zeit schreitet „unbeirrt“ voran, es ist also schon wieder „fünf nach zwölf“, wie alle Jahre, alle Jahrtausende, in denen sich vieles und natürlich auch die Menschheit wandelt – oder auch nicht. Das Hauptproblem öffnet sich in einer Schere zwischen verstaubten Weltanschauungen und immer komplexeren Technologien. Im Endeffekt stagniert die traditionelle Doppelmoral, während sie immer deutlicher durch Fortschritte in Wissenschaft und Technik überrollt wird.
Wohin das wie lange führen mag, erscheint sehr ungewiss und keinesfalls berechenbar.

Das erforderlich konsequente Umdenken, etwa gemäß dem Kosmonomischen Manifest, steht realistischerweise nicht in Aussicht, könnte aber durchaus in intellektuellen Kreisen zu Initialzündungen führen, zu Denkanstößen, vielleicht sogar in Entscheidungsgremien.

Es ist fünf nach zwölf“ bezieht sich nicht auf Umweltszenarien und Gesundheitsgespinste, sondern auf das globale Aus-dem-Ruder-Laufen sämtlicher Politik, die wie eh und je lernunfähig, lernunwillig hochtrabende Reden ausspuckt und zutiefst menschenverachtend blutige Schlachten konzipiert und zur chaotischen Vollendung bringt.
Die Lüge ist salonfähiger denn je, diplomatische Verrenkungen bestimmen den Text, und die staatliche Räson beinhaltet die perfide Morallosigkeit der Geheimdienste wie der Finanzlobby.

Sie schreiben? - An wen?
Ja, Flaschenpost.
Und die werfen Sie ins Meer?
Ins ozeanische Internet.
Da finden Sie Leser?
Ich kenne kaum welche, laut Netz-Statistik sind es abertausende.
Was schreiben Sie denn?
Denkbares.
Wollen die Massen denken?
Nein, aber intelligente und verantwortungsbewusste Minderheiten.
Erreichen Sie diese?
Zögerlich zunächst, aber zunehmend stoßen sie auf mich.
Warum?
Auf ihrer sorgenvollen Suche nach Auswegen aus chaotischer Wahn-Propaganda.
Sie schreiben und bleiben zuversichtlich?
Irgendwie befreit mich das Schreiben, wenn auch nur einer dadurch denkt.
Möchten Sie mir zu denken geben?
Vielleicht; beispielsweise:

Freiheit der Wahrheit!
Ein Ideal, gewiss.
Im Lichte und im Klang von Klarheit,
ehrlich und transparent, auch im Kompromiss.

Zum Stand der Dinge aber:
Idiotie, dogmatisch propagiert,
wundert sich, dass sie
idiotische Gegnerschaft gebiert.
In einfältigster Regie
wird Demokratie
aktionistisch demontiert,
von allen Seiten wie in alten Zeiten.
Durch hohles, unkundiges und niederträchtiges Gelaber.
Und im Gefolge Aufrüstung, Waffenhandel, Friedensverrat,
Menschenhandel und Krieg als Versagen von Gesellschaft und Staat.

© Raymond Walden




WORLD WAR - 3





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