Montag, 23. April 2012

Eine kosmonomische Alternative für eine humanere Gesellschaft


Solange das Kapital und nicht der Mensch regiert, bleibt das Zusammenleben unmenschlich.

In meinem Aufsatz „Der Kapitalismus ist am Ende“ (Monatsarchiv Oktober 2011 und „Contemporary Literary Horizon“ 6/2011) weise ich auf das Fehlen von Alternativen hin, während der Kapitalismus seinen Untergang forciert.
Eine schicksalhafte Ursache sehe ich in der allgemeinen Unreife des Massenmenschen zur echten Demokratie.
Dennoch unternehme ich den Versuch, eine kosmonomische Alternative in Teilen zu skizzieren und bin mir des utopischen Charakters bewusst.
Utopie jedoch stellt einen Lebensantrieb dar und hat häufig gesellschaftliche Fortentwicklungen initiiert, begünstigt und realisiert.
Dennoch gestehe ich meinen Pessimismus für die Gegenwart und nahe Zukunft ein, weil ich mit meinen Ausführungen die Mentalitäten einzelner Menschen wie die Psychen von Volksgruppen und Nationen irritieren werde, indem ich mit ihren friedensuntauglichen Traditionen breche.

Die repräsentative parlamentarische Demokratie

Wenngleich in einigen Staaten der Erde das allgemeine Leben vielleicht über ein paar Jahrzehnte ganz passabel organisiert erscheint, kann das nicht über die Kargheit vieler Existenzen und über verheerende Notlagen hinwegtäuschen.
Milliarden von Menschen werden unterdrückt, ausgebeutet und vernichtet unter Gesellschaftsordnungen, die sich als „Demokratien“ beweihräuchern, ohne sich je für eine echte und  wahrhafte Demokratie qualifiziert zu haben. Der Begriff ist in der politischen Praxis umstritten, weil ihm eine eindeutige Definition fehlt, weil er je nach Interessenlage schillernd bunt interpretiert wird.
Kapitalistisches Gewinnstreben koaliert von jeher mit ausgeprägtem Egoismus und mit dem überall anzutreffenden Gotteswahn, der sich optimal zur Unterwerfung des Menschen „unter die von Gott gegebenen“ Herrschaftsstrukturen eignet.
Auf dieser seit unzähligen Menschengenerationen eingeübten Grundhaltung kann an die Stelle der Religion sogar eine beliebige andere Ideologie treten, um dem Volk die „Werte“ vorzugaukeln, die lediglich das Ziel verfolgen, Macht und Einfluss der Regierenden und der ihnen zuarbeitenden Lakaien zu erhalten und zu mehren.

Bisher eignen sich allenfalls einige „westliche Demokratien“ als Vorläufer für eine wirklich aufgeklärt menschenwürdige Mitbestimmung.
Eine objektiv reale und konsequente Demokratie existiert bis zum heutigen Tage nirgends. Sie muss erst noch entworfen und entwickelt werden. Die bestehenden unfertigen Konzepte in Form einiger Verfassungen und Deklarationen können als Ausgangspunkte dienen auf dem Weg zu einer praktikablen und effektiven repräsentativen Demokratie.

Einige wichtige Kriterien in der Übersicht:
1.     Staat und Religion müssten auf allen Ebenen konsequent getrennt werden.
2.     Volksentscheide stellen mögliche Ausnahmen dar. In der Regel sollte die Macht vom Volke über Wahlen ausgehen.
3.     Es empfiehlt sich Wahlpflicht für jeden Bürger, der durch den einfachsten allgemeinen Schulabschluss dazu „qualifiziert“ wird.
4.     Als Volksvertreter (Parlamentarier) wären sowohl Parteiangehörige wie Parteilose zu wählen. Fraktionszwang erscheint denkbar demokratieungeeignet.
5.     Wahlkämpfe bedeuten oberflächliches Blendwerk. Sie wären auf ein Minimum zu beschränken, indem vor der Wahl alle Parteien und Bewerber unter gleichen Bedingungen ihr jeweiliges Programm nachrichtlich sachlich darlegen müssten. – Nicht mehr und nicht weniger.  Wahlkampagnen über die Medien wären unzulässig.
6.     Lobbyismus gegenüber den Volksvertretern wäre als faktische Korruption und Nötigung strafrechtlich zu ahnden.
7.     Parteienfinanzierungen durch den Staat besäßen keine rechtliche Grundlage.
8.     Geheimdienste widersprechen den demokratischen Regeln und der Menschenwürde.
9.     Der Verfassungsschutz wäre einer besonderen parlamentarisch-transparenten Kontrolle zu unterstellen.
10. Weitere Grundausrichtungen einer neuen Demokratie-Kultur finden sich im Kosmonomischen Manifest.

II  Volkswirtschaft

Der Terminus „Volkswirtschaft“ versteht sich programmatisch, denn die Wirtschaft sollte vor allem dem Wohl der Allgemeinheit und weniger der Profitoptimierung Einzelner zuarbeiten.
Weltweit hat sich das Börsenwesen als unkontrollierbares Spekulationssystem etabliert, obgleich es unmoralisch und unmenschlich funktioniert, verantwortungslose Risikoherausforderungen durch ungerechtfertigte Bereicherungen und Machtausübungen belohnt. Eine humane Weltwirtschaftsordnung müsste sich von derartig pseudoreligiöser Unberechenbarkeit verabschieden.

Eine dringliche Notwendigkeit besteht darin, das Wirtschaftsleben zu vereinfachen und durchsichtig zu gestalten, denn das gegenwärtige Schwimmen der Regierungen in Ratlosigkeit bei der Bewältigung der hoffnungslosen Überschuldungen offenbart, dass der Kapitalismus sein von ihm geschaffenes Labyrinth nicht mehr durchschaut.
Dies geht einher mit direktem demokratischen Machtverlust, weil Banken, Konzerne und Rating-Agenturen ohne demokratisches Mandat das eigentliche Handeln übernehmen.
Die Erfordernis der Vereinfachung betrifft ebenso das alltägliche bürgerliche Wirtschaftsleben: Steuergesetz, Rechnungen, Vertragstexte verkörpern schon lange eine verwirrend aufgeblasene Bürokratie.
In einer humanisierten Volkswirtschaft dürfte kein Mensch durch das soziale Netzwerk fallen.
1.     Jeder gesunde Mensch wäre zur Sicherung seines Lebensunterhalts selbst verpflichtet.
2.     Mindestlöhne müssten zweifelsfrei gesetzlich verankert und  vor allem durchgesetzt werden.
3.     Gleicher Lohn für gleiche Arbeit wäre eine Grundvoraussetzung für eine neue Wirtschaftsordnung..
4.     Bei Arbeitsunfähigkeit wäre durch Sozialhilfen in jedem Fall eine menschenwürdige Minimalversorgung zu garantieren.
5.     Die Humanisierung des Arbeitsplatzes umfasst physische wie psychische Kriterien und zwingt zum fairen Kompromiss zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

Weil sich das „freie Spiel der Marktkräfte“ erwiesenermaßen nicht realisiert, bestenfalls eine Zeitlang eine heile Welt vorgaukelt, wären staatliche Kontrollmechanismen und Rahmenbedingungen auf demokratischer Basis zu erarbeiten. Sie hätten sich nicht nur am Status quo zu orientieren, sondern zeichneten auch verantwortlich für absehbare Folgen für die nachrückenden Generationen. In einer weitblickenden globalen Strategie bedeutet Wirtschaft auch immer einen gleitenden Generationenvertrag: Die Alten haben den Jungen eine intakte Welt zu hinterlassen. Bisher ist das nicht gelungen, wie Kriege, Hungersnöte, und Frevel an der Natur belegen. Gemeint sind mit Letzterem keineswegs die ideologisch herbeigeredeten Umwelt-Szenarien, sondern wissenschaftlich objektiv belegbare Fakten. Zum Status der Wissenschaft mehr im folgenden Kapitel.

III  Bildung und Kultur

Des Menschen Verstand bleibt nutzlos oder verfällt sogar der Destruktion, wenn es an Bildung mangelt – eine Binsenweisheit möchte man meinen.
Erst recht, wenn man bedenkt, wie häufig der Begriff „Bildung“ in Gesellschaftsentwürfen und Parteiprogrammen auftaucht. Die globale Situation der Menschheit attestiert dem höchstentwickelten Lebewesen eine ernüchternde Bildungsbilanz, denn viel zu eingefleischt verwechselt man Bildung mit Glauben, stellt Bildung unter die Knute von Werte- und Ehrbegriffen, die keinem aufgeklärten Weltbild standhalten, die eine menschenunwürdige Ethik untermauern.
Davon unberührt bleibt die enorme Leistungsfähigkeit der loyalen und begabten Glaubensgefolgschaften, die im Dienste des jeweiligen Wahns Grandioses hervorbringen: atemberaubende Kunst und erstickenden Blutrausch.
Dieser fortwährende Gegensatz innerhalb und zwischen den Glaubenssystemen, solche „Fertigkeiten“ in ideologischen Diensten markieren lediglich magere Vorstufen von Kultur.

Bildung mit kosmonomischen Bezügen stellt den Menschen und nicht Religion oder Ideologie in den Mittelpunkt. Im eher konservativen Sprachgebrauch trifft der Ausdruck „Herzensbildung“ ziemlich genau, worum es geht. Alle Anstrengungen gelten dem gedeihlichen Miteinander in einer starken menschenwürdigen Gesellschaft, die sich aus selbstbewussten, aber auch selbstkritischen Individuen zusammensetzt, begierig genug, für den Fortschritt zu lernen und zu arbeiten, menschlich gereift, Fortschritt zu genießen und dem Schwachen zu helfen.
Dass dies einen Idealzustand beschreibt, wird nicht bestritten.
Die Gemeinschaft erfährt ihre Stärke durch die Vielfalt der Begabungen und Talente. Gleichmacherei und Vermassung im Bildungswesen erweisen sich als untauglich. „Studium für alle“ widerspricht biologischen, psychischen und humanen Erkenntnissen. Daher sollte man ein dreigliedriges Schulsystem neu entwickeln und für garantierte Durchlässigkeit bei entsprechenden Leistungen sorgen. 
Schule bedeutet ein Bekenntnis zur Leistung, zur Disziplin wie zur erholsamen Freizeit. Ähnliches gilt auf höherem Niveau der Eigenverantwortung für Universitäten, weshalb das Studium zum Wohle der Studenten wie der Professoren von der inzwischen gängigen und gängelnden Verschulung zu befreien wäre.
Eindeutig gehört Bildung nicht in den föderalen, regionalen und auch kleinkarierten Zuständigkeitsbereich, sondern in eine zentrale Abgestimmtheit einer humanen Gesellschaft.
Kultur und Bildung sollten der Freiheit der Schaffenden mit der Einschränkung unterliegen, dass alles, was sich gegen den aufgeklärten Menschen und gegen die Menschlichkeit aktiviert, also Destruktion und Zerstörung intendiert, nicht als Kunst oder Wissenschaft gelten könnte. Der demokratische Staat müsste einschreiten bei inhumanen Verstößen der Wissenschaft. Ansonsten müsste die Wissenschaft frei entscheiden in ihren Zielsetzungen, Methoden und Finanzierungsmöglichkeiten. Sowohl in staatlichen wie in privatwirtschaftlichen Instituten und Universitäten wären ideologische, religiöse und parteipolitische Einflussnahmen auszuschließen. Die wissenschaftliche Verständigungsbasis ist das logisch-kausale Denken in Verantwortung für alle Facetten des Lebens. Emotionalität, Psyche und Physis sind logisch-kausale Forschungsdisziplinen, die geregelter Qualifikationen bedürfen, um Irrlehren und Wunderglauben zu vermeiden. Es gibt keine Wissenschaft auf Glaubensbasis.

IV  Gesundheit und Privatsphäre

„Gesundheit ist ein ansteckender Markt“, schrieb ich einst und charakterisierte so das kapitalistische Gesundheitswesen, das sich dem Geld vorrangig zuwendet und beispielsweise in Deutschland eine Zwei-Klassen-Medizin etablierte: Kassen- und Privatpatienten, letztere einträglicher für den Arzt, daher bevorzugt.
Ähnlich finanzorientiert stellt sich der Arzneimittelmarkt dar, Pharmakonzerne diktieren Willkürpreise und gesunden an den Leiden der Kranken. Darüber hinaus floriert eine Vermarktung abenteuerlicher Quacksalben, vertrieben durch Apotheken, Drogerien und Reformhäuser.
Kontrollorgane einer echten Demokratie sind unverzichtbar. Das gilt besonders auch für die Überwachung des Lebensmittelmarktes bezüglich der gemeinhin unterschätzten Pantschereien der Lebensmittel-Chemie, ferner besteht  erhöhte Sorgfaltspflicht für die gesamte Kunststoff-Industrie hinsichtlich strengerer Maßstäbe bezüglich langfristiger Nebenwirkungen und  Gesundheitsverträglichkeiten.
Die Gesundheit ist ein nicht infrage zu stellendes Privatrecht, solange niemand sonst dadurch gefährdet wird. Im Falle von Seuchen und Ansteckungsgefahren muss ein objektiver, nicht nur propagierter Befund vorliegen, um die Privatsphäre zum Schutz der Allgemeinheit oder auch des Individuums selbst einzuschränken oder aufzuheben.
Gesundheit und Privatsphäre korrespondieren mit dem Recht auf Leben, das in einem demokratischen Staat unter keinen Umständen angetastet  werden kann.
Aktuell erleben wir die Gefährdung der Privatsphäre vor allem durch versagenden Datenschutz, es lässt sich aber für die Zukunft nicht vermeiden, dass sich der „gläserne Bürger“ aufgrund der ungebremsten Informatik-Entwicklungen mehr oder weniger zum Standard entwickeln wird.
Wer sich für uns interessiert, findet alle Daten; das ist jetzt schon unser Schicksal. Entscheidend wird es sein, wie eine demokratische Gesellschaft den Umgang mit den zur Verfügung stehenden Daten regeln wird. Günstigenfalls könnte die entstehende Transparenz zu mehr Aufrichtigkeit führen, eine wirkliche gesellschaftspolitische Fortentwicklung bedeuten.
Ich ziehe persönliche Konsequenzen daraus und vertrete die kosmonome Philosophie in aller Offenheit und ohne „diplomatische“ Verklausulierungen. Dadurch bin ich für alle Interessierten berechenbar. Alle Zeitgenossen wissen, dass ich, kosmonomisch bedingt, gewaltfrei allein auf die Überzeugungskraft des wohl überlegten Wortes in seiner ungeschminkten Bedeutung setze. Beispielsweise schreibe ich allen Scheindemokraten ins Gewissen: Frieden meint wirklich Ausschluss von Krieg – ausnahmslos!

Emanzipation und Konfliktbewältigung

Emanzipation in einer post-kapitalistisch-kommunistischen Gesellschaft kehrt zurück zum eigentlichen Anliegen: Gleiches Recht für jeden Menschen. Jede Interpretation von Ausnahmefällen ist beabsichtigte Abkehr vom ethisch verbindlichen Wert. Religionen und Ideologien grenzen aus, verurteilen, foltern und töten, verbinden sich seit jeher mit dem Kapital.
Der Kapitalismus stellt die historisch siegreichste Weltanschauung der Menschen dar, Menschen und Natur zu billigem Besitz zu erklären; kein Konflikt, kein Krieg ist ihm unwillkommen, denn er verdient am menschlichen Blut. Kapitalismus lebt vom Konflikt.
Aktuell kommt nun die Geldgier mit sich selbst in Konflikt, überschuldet und orientierungslos schwimmend. Konfliktbewältigung gilt bisher kaum als Kultur, man haut wie immer drauf. Irgendwo findet sich ein Feindbild, das den Rüstungsumsatz anspornt. Dabei hat nie ein Weltverbesserer, schon gar nicht als Politiker, sein Ziel erreicht.
Wozu also all das Streben?
Vor dem Hintergrund des unantastbaren Rechts auf Leben für jeden Bürger steht die Menschheit vor der Herausforderung, das Nicht-Tötungsgebot in der Realität konsequent einzuhalten. Allerdings kann sich eine so ehrliche Moral weniger auf Religion und bisherige weltliche Ideologien stützen, sondern vorzugsweise und sehr eindeutig auf logische Einsichten in Humanität und Menschenwürde.
Nicht zu töten, heißt mit anderem Wort Gewaltfreiheit, meint eine demokratische Streitkultur mit dem Ziel, Konflikte zu bewältigen, gerechte Kompromisse zu finden, Emanzipation als höchstes gesellschaftspolitisches Wertesystem mit den tatsächlichen Verhältnissen in Einklang zu bringen.
Der demokratisch verlogene Kapitalismus stellt in diesem Sinne eine drastische Verirrung dar, eine definitive Ausweglosigkeit aus den anschwellenden Problemen einer wachsenden Menschheit.
Langfristig können sich nur kosmonomische oder ähnliche, nämlich menschenfreundliche und menschenwürdige Richtwerte behaupten.

1 Kommentar:

Stefan Wehmeier hat gesagt…

Neo: "Ich kann nicht mehr zurück, oder?"
Morpheus: "Nein. Wenn Du könntest – würdest Du es wollen?"

http://www.juengstes-gericht.net