Mittwoch, 29. Dezember 2010

Kosmonomische Freiheit

Nachdem in der Ausgabe 15 (Jan. – März 2010) des inzwischen dreisprachigen Magazins „Contemporary Literary Horizon“, Bukarest, Rumänien, mein Artikel „Cosmonomic Freedom“ erschienen ist, wurde er jetzt in der Anthologie „Contemporary Literary Horizon“ dreisprachig, deutsch, englisch und rumänisch, veröffentlicht.
Aus diesem Anlass bringe ich die deutsche Version noch einmal in meinem Blog, auf Englisch stellte ich ihn im Februar 2010 vor.

Kosmonomische Freiheit

Es ist ganz offensichtlich, dass es keine totale Freiheit gibt, denn wir sind alle geprägt durch den Ort und die Zeit unserer Geburt, wir hängen von unseren Eltern ab, von der umgebenden Kultur, von unserer physischen und mentalen Verfassung und von vielen Faktoren mehr.
Aber viele von uns haben eine gemeinsame Vorstellung von Freiheit, wenn wir über die Menschenrechte, über Demokratie nachdenken, wenn wir über Zivilisation sinnieren.

Unter dieser Betrachtung scheint die Situation der Völker rund um den Globus während der letzten Dekaden keinen wirklichen Fortschritt aufzuweisen, denn die Freiheit wird einfach verraten.
Verraten besonders durch Regierungen und Gesellschaften, die vorgeben, freiheitlichen Idealen zu folgen, aber tatsächlich andere Nationen und die Natur allgemein wie im Besonderen zu ihren eigenen Gunsten ausbeuten.
Die meisten Länder der Welt sind nicht frei und nur einige Nationen besitzen einen Status von „Halb-Freiheit“. Das ist die enttäuschende Wahrheit der Gegenwart.

Freiheit meint in jedem Falle das Recht und die Möglichkeit, ohne persönliche Nachteile oder gar Bestrafungen zwischen bestehenden verschiedenen Optionen zu wählen.

Da die Leser vom Contemporary Horizon Magazin über die Welt verteilt sind, bin ich mir sicher, dass die meisten von ihnen ihre eigenen Erfahrungen mit offenen und versteckten Restriktionen in ihren Ländern haben.

Aber Freiheit ist eine internationale Forderung, die jede individuelle Person betrifft.

Freiheit ist eine Angelegenheit

von Ausbildung und Wissen,
von Menschenwürde,
von Gleichberechtigung,
von Gewaltfreiheit,
von verantwortungsvoller Wissenschaft,
von allgemeiner Wohlfahrt und Gesundheitsfürsorge.

Jedes dieser Signalwörter ist es wert, darüber ausführliche Bücher zu schreiben.

Freiheit wird konsequent ausgelöscht

durch Rassismus,
durch Nationalismus,
durch Faschismus,
durch Kommunismus,
durch Kapitalismus,
durch Militarismus,
durch Geheimdienste,
durch Bildungsmangel,
durch Religion,
durch esoterischen Aberglauben,
durch Fundamentalismus,
durch gleichgeschaltete Medien,
durch Hungersnöte,
durch Umweltzerstörung,
durch Errichter von Mauern und durch Lügner,
durch moderne Sklaverei.

Und diese Signalwörter stehen nicht nur für künftige Buchprojekte, vielmehr füllen sie bereits die Bibliotheken mit ihren blutigen und grausamen Geschichten.


Als Dreizehnjähriger floh ich mit meinen Eltern wegen politischer Verfolgung von Ost- nach Westdeutschland. Ich hatte Glück, denn auf den ersten Blick ist das kapitalistische System bei weitem freiheitlicher. Und das ist der Grund für mich, für die Freiheit zu schreiben.
Wir sind es – in den „halb-freien“ Ländern! Wer sonst sollte seine Stimme erheben?!

Vor diesem Hintergrund entwarf ich die kosmonomische Philosophie (Siehe „The Cosmonomic Manifesto“, Contemporary Horizon, Nov. 2009) und ich bin mir darüber im Klaren, dass es sich um eine idealistische Betrachtung der Menschheit handelt.
Aber glaubt jemand, man könne Tyrannei ohne Ideale überwinden?

Wir brauchen eine lebendige Perspektive. Ich lege die kosmonomische Philosophie jedem Bürger der Welt nahe, indem ich weiß, dass meine vorgeschlagene Betrachtungsweise niemals auch nur eine Person töten wird.

Aber Kosmonomen müssen vorsichtig sein in Bezug auf die
archaischen Verhaltensweisen jener, die Freiheit predigen und die Segel setzen für Krieg und Terrorismus.

***
Ich bin bisher einziger deutscher externer Mitarbeiter des Magazins, welches Medienpartner der Universität Bukarest ist.

Montag, 27. Dezember 2010

Sequenzen von Skepsis (52)

Aphorismen zum Nachdenken und zum Zitieren:

621
Machtmenschen verkörpern exemplarisch das Interim.

622
Grenzwerte in Wissenschaft und Technik definieren nicht selten ungenierte ideologische Einflussnahme.

623
Das Kreuz des Glaubens zu tragen, ist Ausdruck der Wahrnehmung: ein X für ein U.

624
Aus Worthülsen aufgeblasene Sätze bilden sprachlichen Abfall von Kultur.

625
Panikmache ist die Pandemie, deren Impfstoff nie entwickelt wird.

626
Dem Kesselwahn der globalen Erwärmung entdampft ein frostiges Klima.

627
Manchem Leichtfuß reicht das Wasser bis zum Hals; sein Lebenskonzept steht kopf.

628
Die Masse ruft nach Gott, denn sie ist träge.

629
Wer sich durchboxt, muss einiges einstecken.
Wer sich durchbeißt, hat viel zu verdauen.
Wer sich durchspielt, muss treffen.
Wer sich durchmogelt, macht manches möglich.

630
Man sollte beim Berechnen einrechnen, dass sich nicht jede Rechnung rechnet.
So wird’s berechenbar.

631
Ein wirklicher Mensch übt keine Rache.

632
Auch der Massenmensch muss individuell mit Individuen auskommen, will er ohne Einkommen, gar noch mit Nachkommen nicht verkommen.

633
Ernüchternd, wie viele Kirchenkritiker auf menschenverachtendem Niveau argumentieren. Waren sie zuvor gläubig, geht die Saat offensichtlich auf.

634
Rollt erst einmal der Zug des Irrtums, fährt die gesamte Masse – Mensch und Material – in die verkehrte Richtung. Aber schon am nächsten Haltepunkt könnte man umsteigen. Man muss allerdings merken, dass man im falschen Zug sitzt.

635
Hohl aufgetragenes akademisches Gewäsch überzieht die Moderne mit dem Abschaum der tatsächlichen Ahnungslosigkeit. Dieser Müll verfügt über eine besonders kurze Halbwertszeit – nicht etwa zu seiner Zersetzung, sondern um sich zu verdoppeln.

*****
© Raymond Walden, www.raymond-walden.blogspot.com

Freitag, 17. Dezember 2010

Undenkbar ... unglaublich

Es begab sich zu einer Zeit, da wurde das Denken eingestellt.

· Als ein „Gott“, allwissend und allmächtig, die Menschheit schuf, ahnte er wohl nicht, wie aufsässig, dadurch schuldig und erlösungsbedürftig sie würde.

· Der Allwissende wusste aber nach Tausenden von Jahren Rat zur Erlösung: Jemand musste stellvertretend dafür büßen, möglichst grausam sterben. Das war sich der beleidigte „Gott“ schuldig.

· Da der Allwissende kein normales Menschenopfer für würdig hielt, schwängerte er mit Hilfe seines „Heiligen Geistes“ eine menschliche „Jungfrau“. So würde das Opfer göttlich werden.

· Erbärmlich wie die Geschichte bisher, wurde das Menschlein in einem Stall geboren, und irgendwelche zufällig anwesenden Hirten wie später gesandte „Weisen“ wussten durch engelhaften Spuk sofort um die „Göttlichkeit“ des armen Kindes in der Krippe.

· Dem Allwissenden gefiel die Notsituation, schließlich hatte er das Knäblein als „Opferlamm“ gezeugt. – So etwas nannte er in seiner unendlichen Güte Vaterliebe.

· Der später gemarterte „Gottessohn“, der in der „Dreieinigkeit“ zugleich „Gott“ wie „Heiliger Geist“, also allwissend war, brachte dann – wohl an sich selbst – eine Bitte hervor: „Vater, wenn es möglich ist, lass diesen Kelch an mir vorübergehen.“ Oder er fragte: „Mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Er zeigte sogar Verständnis für seine Mörder: „Sie wissen nicht, was sie tun.“ – „Gott“ (er) hatte sie ja so geschaffen.

Und das alles heißt „frohe Botschaft“, „Frieden auf Erden“ und „Großer Gott, wir loben dich“.
Blut floss und fließt reichlich im Namen dieser „Gottesgüte“; sie verhinderte klares Bewusstsein, wissenschaftlichen Fortschritt, Gewaltfreiheit, humane Würde, menschliche Wärme, gibt vor allem den Hoffnungslosesten vor Ort des Leidens, im Krankenhaus, Altenheim oder auf dem Schlachtfeld vorgegaukelte Hoffnung auf ein Jenseits, das dafür sorgt, dass sich bis heute unvermindert die Religionen in ihrem stets gleich skurrilen Gotteswahn ganz diesseitig gegenseitig zerfleischen.

Da sind die grandiosen, für immer bewundernswürdigen Kunstwerke und Leistungen auf vielen Gebieten, welche aus Gottergebenheit entstanden, lediglich ein Mittel zu weiterer Verführung. Sie haben unschätzbaren Wert als historisches Erbe, darüber hinaus weisen sie keine Zukunft für die Entwicklung der Menschheit, es sei denn in die Apokalypse. – Aber das ist ja das ewige Gerede der Religionen: Weltuntergang bis hin zum neuen Klima-Gott!

Der Interimsmensch pflegt von Kindheit an seine Gottesfurcht, das ganze Leben eine fortwährende Angst, an die er glaubt, weil er nicht denkt, obwohl er sich nach Frieden und Geborgenheit sehnt.

Ich wünsche eine besinnliche Zeit an der Schwelle des Jahres 2010 zu 2011.

Sonntag, 12. Dezember 2010

Alle Macht gehe vom Volke aus ...

... klingt sonntäglich schön.
Wie aber, wenn das Volk mehrheitlich unwissend, desinformiert oder uninteressiert ist?
Sollte dem wirklich so sein, stellt sich die Frage nach den Gründen.

Eine kurze Beschreibung des heute üblichen demokratischen Vorgehens gibt Aufschluss. Mit der Wahl von Parteien und ihren Kandidaten gibt das Volk im wahren Sinne des Wortes seine Stimme ab und ermöglicht es den so Erkorenen, ihre Machtneurosen offen und ungeniert auszuleben. Dies geschieht in jeweils ideologisch engem und lernunfähigem Selbstverständnis, sodass Inkompetenz vorherrscht.
Da Inkompetenz aus sich selbst heraus selten zur Einsicht gelangt, verfestigen sich Systeme von Krampf und Murks.

In solcher Ohnmacht voller Aktionismen entgeht allgemein, dass sich die wirklich Mächtigen in den Institutionen und Konzernen des wuchernden Kapitals bedeckt halten; an ihren Strippen hängen die Regierungen, gleichgültig welcher Partei.
Konzerne und Kartelle bestimmen die Politik, sie bestimmen über die Völker – nicht umgekehrt.

Deshalb sind die Völker unwissend, nicht zuletzt durch mangelhafte Bildungssysteme, sie sind desinformiert durch verlogene Meinungsmonopole, und sie sind uninteressiert, weil sie entweder ihre Lage erkennen und resignieren oder einfach nichts davon durchschauen.

Als traditionelle Steigbügelhalter der Verhinderung von klaren Einsichten mischen Religion und Esoterik mit, die sich seit jeher mit den Mächtigen verständigen.

So aussichtslos die Lage erscheint, favorisiere ich dennoch eine demokratische Weiterentwicklung weg von Parteien hin zu Persönlichkeiten, welche direkt vom Volk gewählt werden und allein ihm gegenüber rechenschaftsverpflichtet sind.

Nicht Ideologien, nicht Lobbyismus, noch Wahlkampftheater helfen weiter, sondern persönliche Verantwortung, Qualifikation, Ehrlichkeit und Verbindlichkeit.
Das Volk wüsste sehr schnell, wem es zu seinem eigenen Vorteil trauen könnte.

Direkte Mitsprache des Volkes birgt gegenwärtig durchaus das Risiko, dass sich fehlinformierte Mehrheiten bilden. Unter den zuvor genannten Voraussetzungen aber würden sie sich recht bald selbst korrigieren.

Es geht nicht an, dass Einrichtungen und Unternehmen ohne jegliches politische Mandat Politik betreiben.
So bestimmt äußere ich das als kosmonomisch denkender Zeitgenosse.
Aber ich warne deswegen auch angesichts der etabliert verhärteten Fronten vor jeder „Revolution“, denn noch fraß jede Revolution ihre Kinder.
Gewaltlosigkeit ist Voraussetzung eines gesellschaftlichen Fortschritts, der sich wirklich nur evolutionär einstellen kann.

Ermutigen wir also alle gewaltfreien Bürger zur demokratischen Meinungsbildung und direkten Einmischung, zur konkreten Stimmabgabe und Machtkontrolle – nicht nur im Rhythmus von Wahlterminen!

Montag, 6. Dezember 2010

Sequenzen von Skepsis (51)

Aphorismen zum Nachdenken und zum Zitieren:

605
Das überkommene Sexual-Ethos
zeugt wie selbstverständlich die Doppelmoral.
Ein lebendiger Verstand schätzt die Leidenschaft,
nicht frigide Prüderie, weder impotenten Manneswahn,
noch klerikale Inkompetenz.

606
Musik ist der Auftakt zum Kosmos.
Banausen pfeifen darauf.

607
Menschliches Leben im Einklang mit den Naturgesetzen
wäre die tägliche Festandacht von Bildung.

608
Nur Schein, der Heiligenschein!
Scheinbarer Anschein kommt zum Vorschein,
augenscheinlich nur bei Skulpturen und auf Bildern,
also ein Trugbild.

609
Der im Kapitalismus systemimmanente unlautere Wettbewerb treibt auf dem Feld der Politik bunte Blüten, sogar Nachtschattengewächse streben ans Zwilicht.

610
Verschlossene Akten schließen Geschichtsfälschung durch Siegerwillkür ein.

611
Wenn das Spezielle selbstverständlichen Status erreicht, mag das zunächst die Zivilisation aufwerten.
Der Seltenheitswert ist aber bald dahin und Routine führt in die Gedankenlosigkeit.
So ist das mit der Freiheit.

612
Reist man im Zug der Zeit, mag sich das Leben kurzweilig abspulen.
Man sieht den Zug aber nicht, auch nicht das Gleis, spürt keinen Fahrtwind,
hat kaum Orientierung.
Will man den Zug erkennen, muss man sich hinauslehnen.

613
Christliche Religion büßt, meditiert depressiv.
Nicht die Auferstehung – wie sollte sie auch – ist das Symbol des Glaubens,
sondern das Kreuz mit dem Leichnam.
Mensch, der du denkst, (er)löse dich!

614
Pressefreiheit? – Als ließe sich Freiheit freiwillig pressen!
Sie wird erdrückt.

615
Mit der Meinungsfreiheit macht man in endlosen Debatten systemtreuer Gremien kurzen Prozess.

616
In Kernkraftwerken spaltet man das Bewusstsein und überstrahlt das Entsorgungsproblem.

617
Gemäß freier Murkswirtschaft mutiert Kohlendioxid in den Wolken von Kühltürmen, zwischen Rotorblättern von Windmühlen und bei wachsenden Voltaik-Subventionen zu klimatischem Gift, gleichwohl zum Schmiermittel der Börse. – Ein pandemisch-ökonomischer Dienst am neuen und alten Gott Mammon.

618
Das Defizit an Sachverstand gegenwärtiger Politiker übersteigt die Milliarden an Schulden bei Weitem.

619
Politiker beten publikumswirksam, denn sie wissen nicht einmal dann, was sie tun.

620
Schauspielern verdreht manchmal die eigene Rolle den Kopf.

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© Raymond Walden, www.raymond-walden.blogspot.com