Samstag, 5. September 2009

Die Fallstricke des Interimsmenschen

Wirr und vielfältig ziehen sich die Fallstricke des Interimsmenschen durch sein Dasein, sie stören es auf unterschiedlichsten Ebenen in ebenso variierenden Bewusstseinsintensitäten, die letztlich für die jeweiligen Stimmungslagen verantwortlich zeichnen. Sogar der ausgeprägteste Individualist unterliegt solchen Empfindungen, die er aber im Gegensatz zum Massenmenschen in etwa herleiten und erklären kann, wenn er über ausreichende Intelligenz und kritische Neugier verfügt.
Als soziale Wesen sind wir unbedingt an die Gemeinschaft gebunden, die ihrerseits unbedingt einer Regierungsform bedarf. Die Problematik ist so alt wie das Menschengeschlecht und stellt eine umso höhere Entwicklungsstufe dar, je weiter sich die Herrschaftsstruktur vom „Recht des Stärkeren“ hin zur Mitbestimmung abhebt.
Zu Recht konstatieren wir heute, die Demokratie sei die bestmögliche Staatsform!
Hinter dieser so vornehmen und edlen Aussage verbirgt sich jedoch für die Menschheit der Gegenwart eine fatale Heuchelei, indem die Gesellschaften, welche sich „Demokratie“ nennen, faktisch lediglich Vorstufen darstellen, Interimslösungen mit immanenten Kartellen und Strippenziehern, mit rigoroser Machtdurchsetzung von Interessen Einzelner und von Glaubensdogmen. Aufrecht erhalten sich derartige Systeme durch die massive Beeinflussung der öffentlichen Meinung durch definitives Belügen, durch gezieltes Verschweigen, durch eine mangelhafte Bildung der Allgemeinheit, ja durch beabsichtigtes Dummhalten der Bevölkerung, was „Bildungsexperten“ innerhalb solcher Strukturen nachdrücklich bestreiten, weil sie es vielleicht nicht einmal bemerken (dürfen).

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Mein Buch „Menschliches Glauben“ (Siehe Monats-Archiv August 2008), erschienen im österreichischen Novumverlag, wird von allen Medien in demokratischer Geschlossenheit totgeschwiegen: Keine Rezensionen, keine Interviews, keine Reaktionen.
Ich hoffe auf Verständnis, wenn ich nunmehr in jedem Beitrag meines Blogs durch diese „Kleinanzeige“ auf die mediale Gepflogenheit hinweise.
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Je weniger der Mensch durchschaut, desto leichter ist er zu verunsichern, zu lenken, was sich in thematischen Wellenbewegungen niederschlägt: Waldsterben, Rinderwahnsinn, Vogel- und Schweinegrippe, Zeckenbisse, Klima, Allergien, Diäten und so weiter markieren nur einige regelmäßig wiederkehrende Befindlichkeits-Epidemien, die in ihren Heftigkeiten geradezu pseudoreligiöse Überzeugungen generieren, die mit sogar militanten Umgangsformen für unanfechtbar propagiert werden. Dabei sind die medial bestens erprobten Konzepte die einzigen Kriterien, die man als „Konzept“ bezeichnen kann, während ansonsten die schon beklagte Konzeptionslosigkeit weite Bereiche der Politik auszeichnet.
Die Fallstricke des Interimsmenschen sind gespannt innerhalb übergreifender Systeme, aber es spiegelt sich eine „Fallsucht“ in alltäglichen Einzelheiten genauso wider.
In endlos ernsthaften Debatten geht es munter hin und her: Mehrwertsteuer runter und dann doch rauf, Haushalt sanieren, dann doch gigantische Verschuldung, weniger Bürokratie, dann aufgeblasene Verwaltungsvorschriften, entschiedene Aberkennung jeglicher Fähigkeiten des politischen Gegners, anschließend Koalition mit genau demselben. Und geradezu zwanghaft die Beschwörung des Friedens, um ihn durch Aufrüstung, Waffenhandel und durch Kriege zu sichern!
Das verblödete Volk ist damit beschäftigt, rund um die Uhr Preisschnäppchen zu erhaschen, sie auszunutzen, und wird dennoch übers Ohr gehauen, oder sagt jemand etwa dem Kunden ehrlich, was hundert Prozent sind, von denen angeblich reduziert wird? Oder interessiert die Kaufrauschigen gar, welche Menschen wie für die Produktion der „günstigen“ Waren ausgenutzt werden?
Ganz im Gegenteil, die eigentlich Geschröpften himmeln die „Reichen und die Schönen“ an, ich formuliere es so krass, sie lechzen nach deren kranken Aus- und Einlassungen.
Der Interimsmensch ist Opfer und Täter zugleich, das Delikt lässt sich in der Regel als Vorteilsnahme beschreiben, als einen Egoismus, der außerhalb des fairen Wettbewerbs und Konkurrenzkampfes uneingeschränkte Rücksichtslosigkeit praktiziert. Auch die Methoden folgen einem simplen Prinzip:
1. Verkomplizierung an sich einfacher Vorgänge
2. Gezielt gerissene Irreführung
3. Absicherung im Verbund von Seilschaften, einhergehend mit
4. Unfähigkeit zum Denken bezüglich komplexer Auswirkungen
5. Menschenverachtende Gleichgültigkeit bei gleichzeitiger
6. Gewaltbereitschaft

Die folgenden Ausführungen möchte ich nicht als „Mießmachen“ oder „Schwarzsehen“ verstanden wissen, sondern als eine Bestandsaufnahme aus einem beliebig erweiterbaren Kaleidoskop interimsmenschlicher, negativer Gewohnheiten und Verhaltensweisen.
Können Sie, werte Leser, so ohne weiteres Ihre Strom- oder Gasrechnung „lesen“ und verstehen? Wie ist das mit Ihren Versicherungspolicen oder gar mit Ihrer Steuererklärung und dem folgenden Bescheid? Ihr Gehaltszettel über Dienstbezüge, Abzüge, Zulagen – alles verinnerlicht? Ihre Bankgeschäfte – fest in Ihrem Griff? Oder sind Sie sicher, dass fast alles „Kleingedruckte“ eigentlich fettgedruckt erscheinen müsste?
Dies sind nur wenige „Verkomplizierungen“ frech-dreister Versuche, Sie zu übervorteilen. Wozu sonst derartiges Auswuchern? Glauben Sie noch an Steuer-Gerechtigkeit, da Multis oft gar keine Steuern entrichten?
Was ist von einer unübersichtlichen Gesundheitsreform zu halten, die zu Kostensteigerungen führt – zur Freude der Pharma-Konzerne, zum Nachteil der Patienten, aber auch so manchen Arztes? Schreibt man sinnvollerweise jedem LKW-Fahrer Ruhepausen vor, verlangt man von Klinikärzten Dienst rund um die Uhr und länger. Ganz zu schweigen vom übrigen Klinikpersonal, das bei spärlichem Salär nicht zuletzt auch aus resultierendem Personalmangel ausgenutzt wird. Kann man allen Ernstes eine Zwei-Klassen-Medizin (Kassen- und Privatpatienten) gutheißen im Rahmen eines Grundgesetzes, das Gleichberechtigung aller Menschen ausdrückt, aber nicht umsetzt?
Für wie dumm verkauft die Arzneimittelwerbung den Bürger, wenn jedes Mal am Ende eines Werbespots der monotone Satz „Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.“ heruntergebetet wird. Können Sie dem „Apotheker“ überhaupt noch trauen, wenn Sie gerade auch sein Arsenal an esoterischen Mittelchen und allen möglichen Quacksalben betrachten?
Muss zitierter Satz aus juristischen Absicherungen geradezu eingebläut werden; für wie dumm halten die Verantwortlichen den Verbraucher und Patienten? Offenbar spielt sogar Menschenverachtung eine Rolle.
Gleiches gilt freilich für weite Bereiche der Werbung in ihrer marktschreierischen Penetranz und Bauernfängerei, doch das wäre ein Thema für sich.
Die Gleichschaltung des Publikums erleben wir ständig anhand der Fernsehprogramme. Statt anspruchsvoller Vielfalt kredenzt man auf mehreren Kanälen gleichzeitig Kochvorführungen, dann Tierisches aus dem Zoo, danach Magazine von verblüffender Ähnlichkeit, schließlich Talkshows auf sämtlichen Frequenzen.
Warum wehrt sich niemand, stellt die Verantwortlichen zur Rede? - Dahinter stecken Strippenzieher, wie sie unser gesamtes Pressewesen durch übermächtig agierende Konzerne bestimmen. Nun ist das keine Besonderheit, in der Wirtschaft finden wir Adäquates überall. Überzeugt etwa der „freie Wettbewerb“ an den Tankstellen? Oder die „Alternativen“ der großen Energieversorger? Je konzentrierter die Marktbeherrschung, desto ungenierter die staatlich genehmigte, zumindest geduldete „Verarschung“ der Allgemeinheit.
Die häufig schon kritisierte Deutsche Bahn fällt da kaum noch auf. Abgesehen von „technischen“ Problemen en masse steigen die eigenen Mitarbeiter nicht mehr durch den Fahrtarife-Dschungel hindurch, Streckenanbindungen werden gekappt, Pünktlichkeit ist ein Wort von gestern, aber man strebt an die Börse, an den Ort der Gewinnoptimierung ohne Leistung!
Bei solcher Selbstherrlichkeit passiert es dann, dass die komplette Belegschaft des Unternehmens aus lauteren Motiven der Korruptionsbekämpfung ausspioniert wird. Eine Praxis, die auch bei allen möglichen anderen Firmen geübt wird, und es geschieht nichts wirklich Wirksames dagegen. Der Interimsmensch scheint von jeher einen Hang zum Bespitzeln zu pflegen, denn man bedenke, bei jeder Ausspähung stecken ausführende Menschen (Vollstrecker) dahinter, gleichgültig ob im Nazi-Regime, im kommunistischen oder kapitalistischen Gemeinwesen. Diese edlen Charaktere in jeder beliebigen Anzahl bedenken in keinster Weise die Situationen ihrer Opfer, es sind die nützlichen Dreckskolonnen, auf die sich jedes Unrecht verlassen kann.
Allerdings erfassen das vergleichsweise wenige Mitglieder des allgemeinen Volkes, das sich vor allem als telefonierende Kommunikationskultur aufspielt – so wichtig das mobile Telefon an jedem Ort, zu jeder Zeit und noch bedeutungsschwerer das endlose Gelabere. Für Spitzel eine willkommene Gelegenheit der Ortung und des Mithörens. Ortungen und Registrierungen ebenso geläufig auf den Autobahnen, auf Bahnhöfen, in Supermärkten und eigentlich überall.
Wie verschlafen muss eine Masse sein, die sich widerstandslos in einer freiheitlichen Demokratie derartig drangsalieren lässt? Es ist wohl so, dass die Drangsal gar nicht empfunden, bestenfalls nur erahnt wird. Nichts desto trotz kündigt sich dadurch der definitive Verlust von Demokratie an. Wir sind auf dem schlechtesten Wege!
Ich vermute, werte Leser, es reicht Ihnen. So viel Krampf ist schwer erträglich. Sie haben Recht!
Auch wenn dies nur einige Beispiele aus Deutschland waren. Den Blick in andere Länder ersparen wir uns in Einzelheiten, denn auch dort siedelt vorwiegend der Interimsmensch, aber einiges Grundsätzliche können wir nicht unerwähnt lassen.

Der „mündige Bürger“ entsteht erst gar nicht oder verkommt zur Jammergestalt eines wie eh und je religiös gesegneten Kapitalismus, welcher dem Globus ohne Skrupel die Wahlen US-amerikanischer Präsidenten als beispielhaft demokratisches Prozedere verkauft, dort wo der mündige Bürger durch Geld verhindert wird, wo auch der letzte noch wache Geist – medial zugedröhnt, geblendet oder gemobbt – aufgibt und sich an der grandiosen Schönheit und Weite des Landes erfreut, um zu verdrängen.
Gott mag Amerika und seine Vasallen segnen, für den Erdball sind die USA und ihr System eine Katastrophe – physisch erst recht, denn die „One-Nation-Under-God“ lebt zu einem erheblichen Teil von der Ausbeutung des Rests der Welt, und geistig erleben wir einen unwürdigen Infantilismus gegenüber einem „Gott“, gäbe es ihn wirklich, würde ihn die übliche amerikanische Justiz zweifellos zum Tode verurteilen.
Nun soll dies keine einseitige Schelte gegen die USA darstellen, als führende Wirtschafts- und Militärmacht prägen sie nun einmal viele Vorgänge, aber andere Staaten verkörpern gewiss nichts Besseres. Das chinesische Gesellschaftssystem, wie das indische oder japanische ist bei Weitem noch unterentwickelter, unaufgeklärter, und aus Russland und aus Europa in seiner Kleinstaaterei lässt sich kaum ein Erfolg vermelden im Hinblick auf konsequente Friedfertigkeit, Einhaltung der Menschenrechte, aufrichtige Humanität. Ganz zu schweigen von der arabischen Sphäre oder vom lateinamerikanischen Kontinent.

Mit kosmonomischen Maßstäben lassen sich die Interimsverhältnisse nicht vereinbaren, aber in unserer Epoche auch nicht ändern. Denn der exzessive Egoismus entspricht zunächst evolutionären Entwicklungskriterien: Der stärkere Selbstbehauptungswille setzt sich durch, allerdings nur bis zu einem Grad der Überpopulation von Egoisten, die sich und der Zukunft bereits heute mehr und mehr die Lebensgrundlagen zerstören.
Die kosmonome Philosophie ist mit aktuellem Staatsverständnis, mit allen praktizierten Politiken und Glaubensbekenntnissen nicht kompatibel, denn die Interimssysteme schlagen jede weitreichende Auf- und Abklärung gewaltig nieder, sie dulden sie nicht. Es ist keine echte demokratische Streitkultur vorhanden, sodass sich kein Aufruf zu Veränderungen, gar zu Systemänderungen empfiehlt – um der Gewaltlosigkeit willen.
Freiheit von Gewalt bedeutet kosmonomisch den Minimalkonsens des Humanen. Will sich Kosmonomie nicht selbst verraten, bleibt bis auf weiteres lediglich Selbstbesinnung, Ausschau nach etwaigen ähnlich denkenden Mitbürgern und ein sich Heraushalten aus den gewöhnlichen Händeln und Machenschaften, um ein eigenes, bewusstes Leben zu führen.
Das bedeutet vor allem dreierlei:
Achtung der Würde jedes Menschen,
Übernahme von Eigenverantwortung und
pfleglicher Umgang mit Fauna, Flora und Lebensraum.

Grundlage für eine solche menschliche Haltung ist Bildung, meint lebenslanges Lernen, waches Interesse und bedachtes Eintreten für das aufgeklärte Bild einer Post-Interimsmenschheit.
Je nach persönlichen Umständen kann man so Lebensglück erzeugen, wenngleich in den meisten gegenwärtigen Gesellschaftsordnungen eine kosmonome Lebensführung eher unmöglich erscheint.
Es steht sehr viel Leid in Aussicht.

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