Dienstag, 24. März 2009

Antirassismus ist jedem Rassisten ein Dorn im Auge

Als noch sehr junger Mensch lernte ich im kommunistischen Deutschland, dass Faschismus, Nationalsozialismus und Rassismus ganz schlimme Dinge seien. Später als Jugendlicher lernte ich in Westdeutschland, dass die „ganz schlimmen Dinge“ im Wesentlichen durch opportunistisches Wegschauen der meisten Bürger um sich griffen, weil die Ideologen zunehmend keine Skrupel kannten, ihre Ideologie gewaltsam und mordend durchzusetzen.
Heute weiß ich mit Bestimmtheit, dass man unsere Generation damit die Wahrheit lehrte.

Daraus ergibt sich für mich, dass ich die freiheitlich demokratische Gesellschaftsordnung, die sich in Deutschland inzwischen zumindest dem Namen nach allgemein etablierte, als Voraussetzung erachte für jeden humanistischen Fortschritt überhaupt. Das Menschsein ist Achtung der Würde jedes Einzelnen, ist Gleichberechtigung, ist Pluralismus, ist vor allem Gewaltfreiheit.
Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland markiert für mich einen historischen Meilenstein in der modernen Demokratie, für die es sich lohnt, argumentativ stark, aber absolut gewaltfrei einzustehen, sie zu verteidigen.

Die Nationalsozialisten erzeugten den deutschen Rassenwahn (bis hin zum Nachweis der „arischen“ Abstammung), grenzten alle menschliche Vielfalt aus, verstiegen sich in die Vorsehung eines göttlichen, germanischen Plans und metzelten schließlich alles nieder, was sich ihnen in den Weg stellte – zunächst nicht einmal unterbunden durch eine feige internationale Versammlung, die sich „Völkerbund“ nannte.

Dass ein solches Volk deutscher Menschen dafür gnadenlos bezahlen musste, erscheint gerecht – allerdings nicht gegenüber dem kritischen Individuum, das sich nur unter Lebensgefahr dem völkischen Aberglauben hätte widersetzen können!
Allen Opfern kann angesichts des verursachten Leides nie und nimmer wirkliche Entschädigung widerfahren. – Das ist die Tragik, die zu Lehren aus dem humanen Desaster zwingt, will man sich nicht weiterhin der ideologisch-religiös bedingten Barbarei hingeben!

Heute stellt sich unter den technologisch hoch entwickelten Staaten Israel als ein sehr nationalistischer dar, ausgerechnet die Menschen, die unter dem „deutschen Wahn“ so leiden mussten, versteigen sich in ähnliche Denkweisen gegenüber ihren keineswegs demokratisch entwickelten, sogar äußerst religiös unfriedfertigen Nachbarn.

In Israel gibt es „ultra-rechte“, rassistische Parteien, die nun wahrscheinlich regierungsfähig koalieren.
Ich vermisse den Aufschrei des Zentralrats der Juden in Deutschland, der sich sonst sofort – und gerechterweise! – gegen Rechtsradikalismus inszeniert.
Gehe ich ins Internet: „Sind Sie Jude?“, werden dem Interessenten gegen „Cash“ alle möglichen, sogar genetische Nachweise etwaiger jüdischer Abstammung offeriert. Vor einiger Zeit sah ich im Fernsehen, wie jüdische Schulkinder sich äußerten, bloß nicht zu assimilieren, sich nicht mit „anderen“ zu vermischen.

Deutsche „Genossen“ in diktatorischer Verblendung bauten einst eine Mauer zwischen Menschen, Israelis konstruieren noch höhere Mauern, physisch wie ideologisch.
Man vernimmt Sprüche über das israelische Militär als der „moralischsten Armee“ der Welt – mit Verlaub, das behaupteten die deutschen Nazis damals und die ewig Gestrigen auch heute noch von der „Wehrmacht“, und Ähnliches skandieren alle Nationalisten.
Wenn die Völkergemeinschaft der Erde (UNO) aus dem Hitler-Desaster auch nur einen Bruchteil verinnerlicht und gelernt hat, müssen alle Menschenrechtsverletzungen mit rassistischen Hintergründen auf den Tisch. Es kann nicht sein, dass auf der bevorstehenden Anti-Rassismus-Konferenz in Genf vom 20. – 24. April 2009 Israel als einziger Staat vorgeführt wird, denn es gibt zahlreiche rassistische UN-Mitglieder, die genauso Rechenschaft ablegen müssen, soll die Veranstaltung nicht von vornherein zur Farce verkommen.

Mir liegt sehr daran, die Kritik am Staate Israel nicht zu verwechseln mit dem jüdischen Menschen, denn ich weiß sehr wohl, wie gerade Mitglieder dieses Volkes immer und auch heute ausgewiesene Träger von Zivilisation, Kultur, Wissenschaft und Humanität sind. Ich schätze sie und setze sehr viel Hoffnung auf sie, erlaubt sei nur eine Namensnennung: Daniel Barenboim. Wer seiner Musik, seinem politischen Mut und seinen erfolgreichen menschlichen Integrationsbemühungen keinen Respekt zollen kann, hat einfach nichts begriffen.

Jede Macht der Erde, die sich erkühnt, andere mit der Argumentation ihres eigenen Glaubens zu unterwerfen, gar „heilige Ansprüche“ durchzusetzen, steht moralisch unterentwickelt da, denn friedensunfähig müssen Rassisten immer wieder aufrüsten, sie müssen immer wieder in den sinnlosen Kampf.

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